Montag, 28. Februar 2022

Posing für Porträts 9: Welche Technik ist die Richtige?

Canon M50 auf Fotobuch
Meine Lieblingskamera: Die Canon M 50.

Welche Technik ist nötig für 

Model- und Porträtfotografie?

Egal, wem Du diese Frage stellst: Du wirst immer eine andere Antwort bekommen. Die Technikverliebten erzählen Dir von Festbrennweiten, mehreren Blitzen, schwärmen von Studiotechnik und außerdem solltest Du Dir unbedingt eine professionelle Make-up-Ausstattung zulegen, damit Du Deine Models auch noch selber schminken kannst. 

Visit-Cards waren 1854 der Anfang

Ich hatte ja meine Empfehlung bereits ausgesprochen. Diese lautet: Du kannst mit einer „normalen“ Kamerausstattung recht tief in Dein Thema eintauchen und sofort loslegen. Denke doch bitte einmal an die Geschichte der Fotografie. Rund um das Jahr 1854 waren die sogenannten „Visit-Cards“ völlig in. Diese waren gewissermaßen Materie gewordene Selfies – eine Art 6x9 Kontaktprints, die die Menschen haben von sich in Pose anfertigen lassen. Damals gab es noch keine Vollformatkameras mit 2000€-Objektiven. Also: Wenn das damals klappte, dann funktioniert das für Dich auch mit der Technik, die Du gerade hast. An deren Grenzen stößt Du von ganz alleine. 

Standard- oder Kitobjektiv reicht für den Anfang

Ich gehe nun davon aus, dass Du an Deiner Spiegelreflex-Kamera entweder ein Standard- oder ein Kitobjektiv hast. Damit kommst Du erst einmal zurecht. Besser ist natürlich eine Objektiv-Kollektion von lichtstarken Festbrennweiten, gerne auch ein 85mm-Objektiv. Portraitaufnahmen mit kürzeren Brennweiten sind auch möglich – denke aber an die verzerrte Darstellung. Zeigt z.B. das Model mit der Hand vom Körper weg in Richtung Kamera, dann wird die Hand unrealistisch groß dargestellt. Wenn Du einen derartigen Effekt suchst, nimm´ Dein Weitwinkel. Wenn nicht, dann eben nicht. 

Natürliches Licht statt Blitzgerät

Kommen wir zum Thema Blitzgerät. Brauchst Du einen Blitz? Die Antwort: Nein! Solltest Du einen Blitz angemessen einsetzen? Die Antwort: Ja! O.K.: Ich erkläre das sehr gerne. Generell braucht niemand ein Blitzgerät, denn es gibt Tageslicht und Leuchten. Jede Menge Fotografen erschaffen jeden Tag mit natürlichem Licht, auch in geschlossenen Räumen, tolle und eindrucksvolle Portraitfotos. Ein einfaches Beispiel: Model steht im Zimmer in der Nähe des Fensters. Beleuchtung ist somit geklärt. Kein Blitz erforderlich. Allerdings wird der gute Fotograf bei dieser Aufnahmesituation mit einem Aufheller gearbeitet haben. Ich meine diese preiswerten Faltreflektoren, die Du bei Internetauktionen bereits für unter 20€ erstehen kannst. Zur Not tut es auch eine Styrophorplatte aus dem Baumarkt, wenn Du diese noch in der häuslichen Werkstatt finden kannst. Auf jeden Fall geht es bei dem Aufheller um die der Sonne abgewandte Seite des Modelgesichts. Dieses würde ohne Aufhellung sicherlich im Schatten „absaufen“. Ein sanfter kleiner Blitz leicht von der Seite hätte übrigens auch seinen Job getan.

Lichtformer aufstecken

Endgültige Empfehlung: Schaffe Dir ein Blitzgerät mit Leitzahl 56 oder mehr an und verwende es nur mit einem aufgestecktem Lichtformer. Dadurch vermeidest Du besonders harte Schatten und kannst Dein Licht lenken. Experimentiere viel mit deinem neuen Blitz und übe die Verwendung der Reflektoren. Lerne die unterschiedlichen Farben der Reflektoren von ihrer Wirkung her einzuschätzen. Diese gibt es in Weiß, Silber und Gold. 

Im Freien auf Sonne achten

Zusammengefasst sollst Du wissen: Mit einem Kamerakit, Blitzgerät und Aufhellern kannst Du in die Model- und Portraitfotografie einsteigen. Du beginnst sicherlich mit dem Fotografieren im Freien (Outdoor). Dabei musst Du lediglich auf den Einfall der Sonne achten. Grundsätzlich entstehen die besten Bilder bis 11 Uhr morgens und ab 16 Uhr nachmittags. Dazwischen steht die Sonne zu hoch und wirft harte Schatten z.B. unter die Augen. 

Perspektive bildentscheidend

Bildbestimmend ist neben dem verwendeten Objektiv auch die Perspektive (Obersicht/Untersicht), die Dein Model mal klein und unterwürfig, mal erhaben und autoritär rüberkommen lässt. Doch auch bei der Outdoorfotografie kommt bei professionellen Magazin-Shootings jede Menge Lichttechnik zum Einsatz. Das bekommst Du oft im TV zu sehen. Ob Du das am Anfang auch brauchst und ob Du damit klar kommst, entscheidest Du. Eigentlich heißt die entscheidende Frage: Willst Du Outdoor- oder Studiofotografie? 

Posing für Porträts 8: Nötige Investitionen

 
Nikon D 5600 mit Teleobjektiv
Die kleine Nikon D 5600. Bessere Technik kostet 1.000 Euro mehr.

Ein bisschen „Spielgeld“ für den 

Einstieg muss sein

Gefüllt muss Deine Geldbörse schon sein, wenn Du in die Model- und Portraitfotografie einsteigen möchtest. Die Rede ist nicht gleich von mehreren Tausend Euros. Aber ein paar Hundert brauchst Du schon für den Anfang. O.K.: Wenn Du bereits stolzer Besitzer von Kompaktkamera und PC bist und auch noch Leute kennst, die sich von Dir fotografieren lassen, dann kannst Du quasi kostenlos ohne Investitionen loslegen. 

 Interaktion kostet nichts

Du weißt ja bereits: das Wichtigste sind die Interaktion mit den Models und die Bildidee, die bei Dir vielleicht schon in der Vorstellung existiert. Beide kannst Du perfekt auch mit einfachster Kameratechnik üben. Doch schon bei der Umsetzung Deiner Bildideen stößt Du damit an die Grenzen des Machbaren.

Technik ist kostspielig

Folglich muss eine digitale Spiegelreflexkamera her. Die Kosten für den Einstieg für ein Kit (Set aus Kameragehäuse und Objektiv) der renommierten Marken liegen zwischen 800 und 1800 €. Nach oben gibt es bis zur digitalen Mittelformatkamera (25.000€) kaum Grenzen. Festbrennweiten der bekannten Hersteller schlagen gesondert mit mindesten 700€ bis 2000€ eine Schneise in Deine Finanzen. Nun gehe ich einmal davon aus, dass Du für Models und Lokation keine Honorare und Miete zahlen musst. Dennoch wollen die Fotos auch bearbeitet werden. Dazu brauchst Du einen leistungsfähigen PC (ca. 600-800€), Bildbearbeitungssoftware (gratis bis 100€ oder monatliche Miete von ca. 12€) sowie einen Drucker (90€ Tintenstrahler bis 500€ für einen Farblaserdrucker). Nun kannst Du Fotos machen, bearbeiten und ausdrucken. 

 Homepage muss sein

Was Dir nun noch fehlt (hast Du sicherlich, zähle es hier trotzdem mit dazu) ist ein Internetzugang. Der kostet ca. 25€/Monat. Deine vorzüglich bearbeiteten Aufnahmen möchtest Du der Menschheit auch über soziale Netzwerke und Foren hinaus präsentieren. Also: Homepage buchen und eigene Adresse ausdenken. Kosten: ca. 48€ im Jahr. 

Auto- und Marketingkosten

Hinzu kommen Fahrtkosten, Unterhalt für eigenes Auto und Aufwendungen für Marketing und Werbung. Nicht zu vergessen ist der Zeitfaktor: Du wirst sehr viel Zeit investieren – die muss ja auch irgendwo herkommen. Wer Nachtschicht in der Pflege arbeitet, wird übermüdet am Vormittag kaum brillante Aufnahmen machen können. Aber das Zeitmanagement überlasse ich Dir. Es hängt im Übrigen auch vom Alter ab.

6.600 € im ersten Jahr

Die durchschnittlichen Minimalkosten möchte ich zum Schluss gerne einmal addieren: 

1. Kamera: 900€ 

2. PC: 700€ 

3. Software: 100€ 

4. Drucker mit Farbpatronen: 150€ 

5. Internetzugang: 300€ 

6. Homepage: 48€ 

Die Summe beträgt ca. 2.200€ für den Anfang und das erste Jahr ohne weitere Kamera- oder Studiotechnik. Als realistisch bezeichne ich ehe das Dreifache: 6600€ im ersten Jahr.

Posing für Porträts 7: Bilder visualisieren

Model Adrian schaut über seine Sonnenbrille
Model Adrian im Cafe

 Fotos entstehen im Kopf

Kameratechnik, Licht, Perspektive usw. stellen aus meiner Sicht lediglich das Handwerkszeug dar, mit dem ich meine Fotos realisiere. Die Fotos habe ich bereits vorher schon gemacht: Im Kopf in meiner Vorstellung. Das trifft selbstverständlich nur dann zu, wenn ich mein Motiv auch schon vorher kenne. 

 "Mein" Foto gesucht

Beim Shooting begebe ich mich meist auf Suche nach „meinem“ Foto. Es bleibt natürlich nicht dabei, denn aktuelle Einflüsse ergeben sich immer wieder neu und so entstehen auch weitere Bilder.    

Bildausschnitt bestimmt

Übrigens: Es wäre wunderbar, wenn man nur mit den Augen fotografieren könnte. Hunderte von Fotos könnten so entstehen. Mein ehemaliger Dozent an der HdK Berlin, Artur Schrödinger, war ein ausgesprochener Fan des optimalen Bildausschnitts. Er ließ uns Papprähmchen bauen oder gab uns  Studenten leere Diarahmen 24x36 in die Hand und schickte uns durch Charlottenburg um zu „fotografieren“. Eigentlich beschäftigen wir uns mit Trickfilm. Aber auch da ist der Bildausschnitt alles bestimmend. 

 Endlos viele Ausschnitte möglich

Du kannst Dir überhaupt nicht vorstellen wie viele Motive in unmöglich vielen Ausschnitten auf diese Weise entdeckt werden können. Seit dem, und dafür bin ich Filmer Schrödinger herzhaft dankbar, weiß ich wieviele unterschiedliche Motive für Fotos möglich sind. Und diese Übung half meinen Visualisierungen von möglichen Fotos tatsächlich auf die Sprünge. Ich sage es gerne immer wieder: Fotos entstehen im Kopf.

Posing für Porträts 6: Risiko Partnerschaft

 
Model Tatjana
Models werden von Fotografen gebraucht. Gern gesehen sind auch ihre Freundinnen.

 Risiken und Nebenwirkungen 

nicht ausgeschlossen

„Was guckst Du die so an?“ Kommt vor, dass meine Frau mir diese Worte ärgerlich zu zischt. Na ja, mittlerweile hat sich das gegeben, denn sie weiß ja nun warum ich fremde Menschen – ja ich gebe es zu – meist fremde Frauen konzentriert fokussiere wenn nicht sogar exakt von oben bis unten mustere.  

Gesichter gesucht

 So ist das nun mal: Wer Porträt- und Modelfotografie betreibt, der braucht immer wieder menschlichen „Nachschub“ vor der Kamera. Es müssen eben nicht immer Profimodels sein. Als erfahrener Fotograf meine ich einen Blick dafür zu haben, hinter welchem Alltagsgesicht, das mir entgegen kommt oder im Supermarkt an der Kasse sitzt, sich genau das Gesicht –als Kunstform betrachtet – verbirgt, das ich für meine Fotos suche. 

Unterstützung von PartnerInnen

Kläre mit Deiner Partnerin oder Deinem Partner was Du tust und tun musst. Besser noch: Binde ihn/sie mit ein und lass´ sie Dir beim Modelscouting helfen. Vielleicht haben die ja NetzwerkpartnerInnen, die in Frage kommen. Wer mithilft und unterstützt, versteht die Zusammenhänge und Dein Verhalten. Übrigens: Als Spezialist für Blumenfotos würdest Du ja auch beim Spaziergang an jedem Blumenbeet stehen bleiben und die Pflanzen verzückt anstarren, oder? 

Suchtgefahr durch Fachmagazine

Ein weiteres Risiko für Dich versteckt sich hinter der Begeisterung für Foto- und Kameratechnik. Die bunten Fachmagazine sind monatlich prall gefüllt mit Neuerscheinungen, Objektivbesprechungen etc.Wenn Deine Finanzen es zulassen, besteht die Möglichkeit, dass Du auf eine Art „süchtig“ nach technischen Geräten wirst, die Du vielleicht (gaaaanz sicher) irgendwann einmal gebrauchen kannst. Beobachte Dich selbst ganz genau. Auch bei Anschaffungen gilt: „Prüfe, wer sich ewig bindet!“ 

Posing für Porträts 5: Bedingungen für Existenzgründung

Modelfoto mit Augen im Fokus
Model Gizem

  Deine Voraussetzungen müssen stimmen

Völlig gleich, ob es eine Eingebung im Schlaf oder das Ergebnis eines langen Abwägungsprozesses war: Du hast beschlossen Dich der Model- und Portraitfotografie hinzugeben! Anderenfalls würdest Du diese Zeilen ja ohnehin nicht lesen. Doch klappt das einfach so und auf Anhieb? Ich sage selbstbewusst „Nein!“ Es gibt zahlreiche Voraussetzungen, die Du erfüllen solltest, damit Dein Vorhaben auch Wirklichkeit wird.

PartnerIn muss mitspielen

An erster Stelle steht Deine Familie bzw. Deine Partnerin oder Dein Partner. Wie bei allen Existenzgründungen – und hier zähle ich einfach mal die Hobbyfotografen mit hinzu – muss die Familie voll und ganz hinter deinem Vorhaben stehen. Ist dies nicht der Fall, wirst Du mit Deinem Plan oder Deine Beziehung scheitern. Doch zum Thema Risiken und Nebenwirkungen später mehr.

Fotografisches Gedächtnis hilft

Nicht deine Kamera macht das Foto – Du machst es. Idealerweise entstehen Deine Fotos bereits langer vorher in deinem Kopf, in Deiner Vorstellung. Planst Du gestaltete Fotos, die nach Deinen Anweisungen, Designs und Plänen entstehen, ist es prima, wenn Deine Vorstellungskraft dafür ausreicht. Arbeitest Du auch ohne Kamera fotografisch z.B. mit einem ausgeprägten fotografischen Gedächtnis, dann kannst Du Dich hier auf der sicheren Seite wähnen. Wenn nicht, dann erzähle ich Dir später von kleinen Tricks und Hilfsmitteln, die Dich zum Erfolg führen.

Kommunikationsstärke zählt

Magst Du Menschen und kommunizierst Du gerne angemessen mit ihnen? Dies ist die größte Voraussetzung, die Du unbedingt erfüllen musst. Anderenfalls konzentriere Dich auf die Produktfotografie und mache via Endoskopkamera Selfies mit Blubberblasen aus Mineralwassern.

Kontostand für Technik

Wie ist es eigentlich um Deinen Kontostand bestellt? Verfügst Du über genügend finanzielle Liquidität um Technik einzukaufen, Studios anzumieten, Models zu bezahlen, Software anzuschaffen oder gar großformatige Prints nebst Passepartouts und Rahmen für Ausstellungen zu finanzieren? Hast Du einen leistungsfähigen PC (16 GB Arbeitsspeicher) und bist Du auf Du und Du mit Bildbearbeitungssoftware? Geld spielt überall eine Rolle – auch in der Fotografie. Aber das weißt Du sicher, denn Du hast Dir bestimmt schon eine Kamera gekauft, mit der Du Dich bei Shootings sehen lassen kannst und die qualitativ beste Ergebnisse liefert.

Models in der Kontaktliste

Deine Kontaktliste im Smartphone sollte einige Einträge von Models haben, denn auch die brauchst Du unbedingt. Selbstverständlich kannst Du zuerst Deine Verwandtschaft, alle Freunde und deren Hunde und Katzen portraitieren. Auf Dauer kann dies aber keine Lösung sein. 

Lebenslanges Lernen

Wie Du liest gibt es zahlreiche Voraussetzungen, die erfüllt sein sollten. Vielleicht nicht alle auf einmal. Du kannst ja auch Stück für Stück in Dein neues Metier hineinwachsen. Lebenslang lernen wirst Du ohnehin. 

Posing für Porträts 4: Akt oder Fashion?

 
Model Melanie an einem Lost Place
Model Melanie, fotografiert an einem Lost Place.

Akt, NIP oder Fashion: 

Welcher Bereich passt zu Dir?

Für Model- und Porträtfotografie existieren viele Möglichkeiten und Bereiche. Bevor Du Dich möglicherweise für eine Spezialisierung entscheiden kannst, musst Du die unterschiedlichen Facetten kennen. Vorweg kann ich von mir berichten, dass ich mir nach dem Umschwenken vom Fotojournalismus auf die Model- und Porträtfotografie dachte „Ganzkörperfotos“ in tollen Posen wäre genau mein Ding. Nachdem ich einige Schritte in diese Richtung unternommen hatte, war völlig klar, dass dem nicht so ist. Schon bei den Shootings spürte ich nicht diese Begeisterung, die ich von der Sportfotografie kannte. Mir fehlte irgendetwas. Dieses Etwas bekam ich wieder bei den ersten Porträtfotos. Ich kann Dir gar nicht oft genug erzählen wie froh ich darüber war. Seit dem weiß ich ganz genau, was zu mir passt und was nicht.

Damit Du einen schnellen Überblick erhältst, fasse ich nachfolgend die verschiedenen Bereiche einmal kurz und knapp von A-Z zusammen:

Akt: Nackte Menschen mit ihren Körperformen bestens ins Licht setzen: Das ist Aktfotografie. Akte gibt es in allen Einstellungen – vom Halbakt mit Oberkörper frei (wird gerne bei Porträts von Männern eingesetzt) bis zum liegenden Ganzkörperaktfoto auf dem Tierfell vor dem Kamin. Was möglich und machbar im Sinne von vorzeigbar ist, entscheidet die Kreativität des Lichtbildners und auch des Models. Eine schöne Wirkung zeigen Aktfotos auch in schwarz-weiß.

Beauty: Schön sein, das will jedes Model. Hier ist der Bereich, der bei Dir entweder die Bekanntschaft zu einem guten Makeup-Artist oder eigene Schminkkenntnisse voraussetzt. Die Einstellung der meisten Beauty-Porträts ist nah. Die wichtigste Rolle spielt das Gesicht, mit im Ausschnitt Hals und Schulterpartie. Bei 45 MP Fotoauflösung siehst Du auf dem Foto alles, kein Makel bleibt außen vor. Willst Du Spitzenfotos abliefern, brauchst Du beste Bildbearbeitungskenntnisse in PS. Besser noch Du spezialisierst Dich auf Digital Makeup. Damit wirst Du jedem Auftrag gerecht. Das ist übrigens auch mein Weg. Oft fragen mich die Models wie sie sich zum Shooting schminken sollen. Meine Antwort lautet meistens „dezent, den Rest mache ich schon“. Übrigens: Bisher hat sich über die Ergebnisse noch kein Model beklagt.

Bewerbungsfotos: Das sind die Brot- und Butterfotos für viele Fotografen mit Studio resp. öffentlich zugänglichem Geschäft. Hintergrund steht wie immer, Beleuchtung auch, Anweisung „linke Schulter vor“ und Schuss. Das Ganze vielleicht vier Mal zum Aussuchen und fertig ist das Bewerbungsfoto. Na ja, ganz so einfach ist das nicht, denn Bewerbungsfotos sollen ja bestimmte Kriterien erfüllen. Das allerdings kriegt der Fotograf nur mit konkreten Anweisungen an das Motiv/den Menschen hin. Beispielsweise sollen Bewerbungsfotos ja Sympathie ausstrahlen. Folglich liegt es am Geschick und dem Interaktionstalent des Fotografen, das „Model“ ein bisschen herauszufordern, damit nachher das Foto auch seinen Zweck erfüllt. Eine kleine Randnotiz kann ich mir hier nicht verkneifen: Mehr als 20 Jahre war ich u.a. als Bewerbungstrainer im Einsatz und habe dadurch hunderte von Bewerbungsfotos gesehen. Es war alles dabei: Teure (80€), die rein gar nichts taugten und ganz billige, die einfach Klasse waren. Meistens bekam ich nichtssagende Fotos vorgelegt. Schade eigentlich, denn es ist nicht wirklich schwer ein gutes Bewerbungsfoto zu schießen. Für meinen Sohn übernehme ich heute noch diesen Dienst. 

Biometrische Fotos:
Sorry, aber auch das sind Porträts. Auch wenn jeder, oder besser gesagt fast jeder auf diesen Bildern wie auf einem Fahndungsplakat aussieht. Die Anforderungen werden auf jedem Amt per Aushang neben dem Fotoautomat erläutert. Für Fotografen mit Studio ein Brot- und Butterjob wie Bewerbungsfotos.

Bodypainting: Wenn Du einen guten Maler kennst, der auch Körper und Gesicht interessant bemalen kann, dann findest Du in diesem Bereich eine Möglichkeit. Der Fantasie sind hier wahrlich keine Grenzen gesetzt: Von der Tigerfellbemalung bis zu rankenden Pflanzen oder technischen (außerirdischen) Motive ist hier alles möglich. Dieses Thema kann interessant sein – aus meiner Sicht muss allerdings der Gesamtzusammenhang des Fotos/Fotomotivs stimmen. Reiner Selbstzweck ist sicherlich zu wenig. Beim Facepainting verhält es sich etwas anders.
 
Dessous: „Dein Straps am Strumpf ist Wahnsinn“ hat früher Nina Hagen gesungen und es bestimmt auch so gemeint. Der Bereich Dessous unterscheidet sich vom Erotikbereich durch den Einsatz von spezieller Bekleidung. Die Übergänge zur Erotik sind fließend und meistens auch so beabsichtigt. Für Dich ist es sehr wichtig zu wissen, dass nicht alle Models, die auf Deine Dessous-Shootinganfrage anspringen auch zu Erotik-Shootings bereit sind. Als Hintergründe für Dessous-Shootings kommen verölte Werkstattgaragen ebenso in Frage wie Hotel- oder Schlafzimmer. Auch hier sind wie überall Fantasie und Kreativität gefragt.

Erotik: Fotos aus diesem Bereich wollen und sollen „anmachen“, anzüglich sein und Fleisch zeigen. Doch Vorsicht Erotik heißt nicht gleich auch Porno. Erotisch kann auch ein Porträt einer luftig aber bedeckt bekleideten Dame in einer Blumenwiese sein, die herausfordernd in die Kamera schaut. Überhaupt entscheidet die Mimik des Models über die Zuordnung zur Akt- oder Erotikfotografie. Bei normalen Porträtsessions wirst Du, wenn Du Deine Sache richtig gut machst, so oft hinter die Alltagsfassade Deines Models geraten, dass bestimmt das eine oder andere erotische Motiv dabei sein wird. Lasse bitte über die Veröffentlichung dieser Bilder Dein Model entscheiden. Vielleicht hat sie/er ja etwas dagegen, denn solche Fotos waren u.U. ja nicht beabsichtigt.

Facepainting: Hier wird nur das Gesicht bemalt. Wichtig ist dabei die Verwendung von nicht gesundheitsbelastenden Farben. Die Firma Kryolan hilft hier gerne weiter. Beim Facepainting bist Du auf einen professionellen „Painter“ angewiesen, der vielleicht nach Deinen Vorgaben das Gesicht Deines Modells anmalt. Das es hier nur um das Gesicht geht, ist der Bildausschnitt anders als beim Bodypainting. Hast Du beispielsweise ein Kind als Raubtier (Löwe/Tiger) bemalen lassen, dann reicht Dir als Hintergrund entweder eine Afrika-Fototapete oder einfach ein hübscher Busch mit vielen saftig-grünen Blättern. Und den findest Du bestimmt gleich hinter dem Haus. Siehst Du: So einfach kann Porträtfotografie sein.

Fashion: siehe Mode.

Fetish: Gefesselt, nackt oder in Lack und Leder, mit oder ohne Domina oder einfach nur Fußfotos mit stylishen Schuhen: erlaubt ist hier was gefällt und nicht gegen GEsetze verstößt. Dieser Bereich ist für die meisten Fotografen ein weißer Fleck auf der Landkarte. Er bietet aber Möglichkeiten sich von anderen zu unterscheiden.

Gothic: Das Spektrum dieses Bereichs reicht von Mittelalterkostümierungen bis hin zu knallengen Latex- und Lederklamotten. Als Fotograf wirst Du spüren ob Dir Samt oder Gummi besser liegt. Erwähnenswert ist, dass bei Gothicfotografie traumhafte Modelmaße keine Rolle (mehr) spielen. Charaktermodels finden hier ihre Spielwiese. Vielleicht willst Du ja mitspielen?

Haute Couture:
Maßgeschneiderte Schöpfungen der großen Modehäuser der Welt bezeichnet man als Haute Couture. Diese Kreationen zu fotografieren ist lediglich wenigen Fotografen vorbehalten. Wenn Du hier angelangt bist, dann kannst Du sagen „Mutti, ich hab´ es geschafft!“

High Fashion: Ähnlich Haute Couture. Hier handelt es sich um Mode, die weiter verbreitet, aber immer noch sehr exklusiv ist. Die Wahrscheinlichkeit als Fotograf in diesem Bereich zum Einsatz zu kommen, ist etwas höher als bei Haute Couture.

Historisches: Mit viel Kostüm und Background geschichtliche Themen mittels Fotografie aufgreifen ist Sinn dieses Bereichs. Bekannt sind Burlesque- und auch Pin-up-Fotos. Gerne bearbeitet werden auch die 50er Jahre mit Bekleidung, Motorrollern und passenden Frisuren. Als Fotograf findest Du Dein Model nicht auf der Straße. In sozialen Netzwerken wird Du bei entsprechenden Gruppen aber fündig.

Körperlandschaften: Aktfotografie ganz nah beschreibt diesen Bereich am Besten. Die Schönheit der Körperlinien oder auch nur von Teilen des Körpers darzustellen ist Thema dieses Bereichs. Beliebt auch bei Schwangerschaftsfotografie.
 
Lifestyle/Street:
Fotos scheinbar völlig uninszeniert und wie aus dem Leben gegriffen dominieren hier bei der Lifestyle- und Streetfotografie. Viele Models, so meine Erfahrungen, finden dies langweilig und wollen lieber „nackt auf dem Friedhof“ fotografiert werden. Das habe ich ehrlich schon einmal so als Feedback erhalten. Hier finde ich mich mit meinen Arbeiten wieder und bestens zu Hause.

Mode: siehe Fashion.

Nude in Public: Nackt in der Öffentlichkeit: Das muss sich das Model trauen. Und der Fotograf auch, denn es drohen möglicherweise juristische Konsequenzen. In der freien Natur gibt es diese Probleme eher nicht.

Trash: Schmutzig und gerne auch blutig sollen die Trashfotos sein. Nicht jedermanns Sache, aber immerhin möglicherweise ein Quell der Freude für die Betrachter. Nicht jedes Model spielt hier mit.

Die Übergänge von einem Bereich in den anderen sind fließend. Manche Fotos sind auch gleich mehreren Bereich zuzuordnen.



Posing für Porträts 3: Definition Porträtfotografie?

 
Model Tatjana vor grünem Hintergrund
Model Tatjana.

Was genau ist eigentlich „Porträtfotografie“?

Wenn wir uns schon mit diesem Thema befassen wollen, dann empfiehlt es sich zu klären was Porträtfotografie eigentlich genau ist. Mal kurz Wikipedia befragt, erhalte ich folgendes Ergebnis: „Als Porträtfotografie bezeichnet man ein fotografisches Genre, bei dem Porträts von Lebewesen angefertigt werden; Motive sind meist Menschen, häufig werden auch Tierporträts erstellt. Ziel der künstlerischen Porträtfotografie ist meist das fotografische Herausarbeiten des charakteristischen Wesens des Motivs.“

Gesicht der Dargestellten im Mittelpunkt

O.K.: Porträtfotografie hat als Thema Porträts zu fotografieren. Das wissen wir jetzt. Weiter recherchieren ist angesagt. Was genau ist denn ein Porträt? Klar, Du weißt es doch. Ein Porträt ist ein Bild einer Person oder eines Tieres. Fotos werden ebenso Porträts genannt wie Gemälde oder auch Plastiken. Das Gesicht des Dargestellten steht im Mittelpunkt. Solltest Du ein Paar fotografieren, dann fertigst Du ein sogenanntes Doppelporträt an. Bei einem Familienfoto während einer Hochzeit handelt es sich um ein Gruppenporträt. Genau hier stehen dann nicht nur die Gesichter im Vordergrund was uns umgehend zu einem historischen Sprung verhilft. 

Carte de Visite

Kenner der „alten“ Kameras wissen, dass früher keine scharfe Abbildung des menschlichen Gesichts möglich war. Damals wurden deshalb meist Ganzkörperaufnahmen gemacht. Später waren Fotos ab Brust aufwärts möglich. Die Popularität von Porträtfotos nahm durch die Erfindung der „Carte de Visite“ durch den Franzosen André Adolphe-Eugène Disdéri um das Jahr 1860 rasant zu. Eine Carte de Visite war eine auf Karton fixierte Fotografie im Format von ca. 6 × 9 cm. Aufnahmematerial waren Kollodium-Nassplatten-Negative im Format 6,5x21cm. Disdéri arbeitet mit vier Objektiven und nahm auf diese Platten mehrere Fotos auf, die dann das passende Format ergaben. Diese Cartes de Visite wurden bei Besuchen ausgegeben, getauscht oder auch verschenkt. Aus meiner Sicht irgendwie ein Vorläufer des heutigen Selfies.

Kniestück, Büstenporträt und Kopfbild

Porträtfotografien unterscheidet man nach dem Ausschnitt und der Kopfhaltung. Ein Kopfbild zeigt den Kopf mit Halsabschnitt ohne Rumpf. Bei einem Foto mit dem kompletten Motiv stehend oder sitzend spricht man von einem Ganzfigurfoto. Ein Büstenporträt zeigt die Schulteransätze bis zur Achselhöhe. Ein Bruststück zeigt den Kopf mit einem Großteil des Oberkörpers, Schultern und Armabschnitten.  Die Halbfigur geht bis zur Taille mit Armen und Händen.  Den Oberkörper bis zum Schritt nennt man Hüftbild. Zeigt das Foto, im Sitzen oder Stehen aufgenommen, die Kniee, dann nennt sich das Kniestück. 

Halbprofil und Frontalansicht

Dass unterschiedliche Kopfhaltungen möglich sind, ist Dir ganz klar bekannt, sonst gebe es ja immer nur Porträts, die aussehen wie Bewerbungsfotos. Man nennt diese z.B. Frontalansicht, wenn das Gesicht ist direkt auf den Betrachter/in die Kamera gerichtet ist. Das Viertelprofil zeigt das Gesicht aus der Frontalansicht gedreht. Beim Halbprofil sieht man das Gesicht von der Seite, allerdings soll das zweite Auge noch mit zu sehen sein. Die Profilansicht bildet das Gesicht von der Seite ab. Als „verlorenes Profil“ bezeichnet man die Dreiviertelansicht von hinten bei der nur noch die Wangenknochen zu sehen sind.

Brennweiten zwischen 80mm und 135mm geeignet

Für die Porträtfotografie besonders gut geeignet sind Teleobjektive mit einer Brennweite zwischen 80 und 135 mm (Kleinformat). Weitwinkelobjektive verzerren zum „Pfannkuchengesicht“ – hier bedarf es guter Gründe für deren Einsatz.

Posing für Porträts 2: Warum Porträtfotografie?

Seidentuchshooting am Lübecker Traveufer
Model Nica an der Trave in Lübeck.

 Warum eigentlich Model- und Porträtfotografie?

Die Bilderfluten des Internet zeigen zu jedem nur erdenklichen Suchbegriff Tausende von Treffern: Aufgaben und Möglichkeiten für Fotografen gibt es viele. Warum aber soll es denn die Model- und Porträtfotografie sein? Eine Antwort ist ganz einfach: Es gibt einen riesigen Bedarf an solchen Fotos.

Kontakt zu Menschen

Unser Alltag ist geprägt von gestalteten Menschenfotos. Werbung, Unternehmen, Familien, Vereine – überall werden ständig neue Fotos gebraucht und irgendwer muss die ja auch herstellen und damit seine Brötchen verdienen. Die andere Antwort lautet: Fotografen, die sich diesen Aufgaben widmen, haben stets Kontakt zu Menschen, erweitern ihren Bekanntenkreis und das Netz der möglichen Auftraggeber, arbeiten kreativ und vor allem interaktiv. 

Menschen mögen Menschenfotos

Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob ich für ein Foodfoto die Paprika einöle, damit sie besser und frischer rüberkommt, oder ob ich mich mit meinem Model kommunikativ und emotional auf den Weg zur bestmöglichen Aufnahme bewege. Die letzte Antwort ist für mich persönlich die Wichtigste: Menschen mögen Menschenfotos. Davon lebt die Werbung. Allerdings mögen Menschen auch (manche) Fotos von sich selbst. 

Urlaubsfotos als Versuchsballon

Wenn Du jemals Urlaubsfotos von deiner Familie gemacht hast, dann konntest Du bei der Bildershow sofort die Feedbacks einholen. Von „Nein, das geht ja gar nicht“ bis zu „Klasse! Gefällt mir.“ war da bestimmt alles dabei. Wenn Du bei diesen Privataufnahmen „Blut geleckt“ hast, es Dir Freude bereitet, Deine Sippe abzulichten, dann kann das für Dich der Beginn einer Karriere als Porträt- und Modelfotograf sein. Ja, es gibt noch viel zu lernen, denn auch bei Deinen Urlaubsfotos sind nicht alle Schnappschüsse gelungen und die Gestaltung wird sich immer auch in Grenzen gehalten haben. Doch daran kannst Du ja arbeiten. 

Fotos wecken Gefühle

Wie wichtig und berührend Portraits für Menschen sein können, möchte ich gerne an meinem Beispiel erzählen. Auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken für meine Verwandtschaft war ich vor Jahren schier am Verzweifeln. Für Onkels, Tante, Bruder, Großvater etc. fiel mir in dem Jahr absolut nichts ein. Zum Zeitvertreib blätterte ich in alten Fotoalben und sah mir die schwarz-weißen Aufnahmen von damals an. Mein großer Bruder noch ganz klein und was? Die Tante noch ohne Falten – oder? Ich konnte nichts Genaueres erkennen, denn es handelte sich um 6x6 Kontaktprints von Negativen, die mit einer alten Balgenkamera o.ä. gemacht wurden. Ich griff zur Lupe und dann konnte ich mir diese Bilder ganz genau anschauen. Ich war begeistert und verbrachte Stunden mit diesen alten Aufnahmen. Mit einem Mal machte es „Klick“ und meinen Weihnachtsgeschenkidee erblickte prompte das Licht der Welt. „Ich verschenke Porträtbilder aus diesen Aufnahmen“, stand für mich fest. 

Repros alter Fotos als Weihnachtsgeschenke

Den nächsten Tag  verbrachte ich mit der Anfertigung von Repros ausgewählter Fotos auf Strichfilm, der Filmentwicklung in meinem Labor und der Betrachtung meiner Negative am Vergrößerer. Den Kopf des Vergrößerers drehte ich um 90 Grad, projizierte das Negativbild an die Wand, wählte Größe und Ausschnitt, brachte das Fotopapier dort an und belichtete dieses nach meinen Berechnungen. So entstanden aus Gruppenbildern Einzelfotos meine Verwandtschaft, die sicherlich anders aussahen als professionell geschossene Porträts. Aber sie zeigten die einzelnen Menschen aus der Nähe. Dies war damals bei den Mindestabstände der Objektive im privaten Bereich nicht besonders üblich oder weit verbreitet. Auch wenn das Korn sehr grob war kam ich zu gelungenen Ergebnissen. Ich entschied mich für 18x24-Abzüge. 

Initialzündung

Der Heiligabend geriet zu einem Vulkanausbruch voller Gefühle und Freudentränen. Alle Fotos hatte ich schick mit Passepartout eingerahmt und fein verpackt. Die Wirkung: Aufschreie, Aufspringen, Umarmen – oder vielleicht auch in einer anderen Reihenfolge, ich weiß es nicht mehr so genau. Menschen mögen Menschenfotos – und wenn es ihre eigenen sind. Dieser Heiligabend geriet für mich zur Initialzündung für die Mode- und Porträtfotografie.  

 Suche nach Gesichtern hinter Alltagsgesicht

Mehr aber auch nicht, denn ab dann musste ich mich erst einmal in die Themen einarbeiten. Das Faszinierende an der Porträtfotografie ist für mich, durch Fotos  Persönlichkeit, Charakter und Emotionalität der Menschen zum Ausdruck zu bringen. Ich bin stets auf der Suche nach den Gesichtern hinter dem Alltagsgesicht. Technik, Location etc. spielen hier eine sehr untergeordnete Rolle. Entscheidend ist die Psychologie des ganzen Prozesses. Das ist mein Beweggrund mich der Porträtfotografie zu widmen. Bei der Modefotografie geht es immer darum Produkte oder meist nur ein Produkt in den Vordergrund der Bildwirkung (nicht unbedingt immer auch der des Bildes) beim Betrachter zu stellen. Hier sind Planung, Gestaltung, Story, Location und Idee wichtiger als alles andere. Die Technik liefert lediglich das Handwerkszeug zur Zielerreichung. Kreativität wird dabei stets großgeschrieben. Das liebe ich an der Modefotografie und das ist mein Grund für meine Betätigung in diesem Aufgabenbereich.

Kreative Beschäftigung

Stellst Du Profifotografen die Frage, warum Model- und Porträtfotos machen, zucken sie mit den Achseln und werden sagen „Weil es mein Job ist!“ Sicher: Viele arbeiten für Marken, Zeitschriften, Agenturen oder auch in der Unternehmensfotografie. Es ist eben einfach ihr tägliches Brot. Fragst Du weiter nach ihren Beweggründen wirst Du sicherlich erfahren, dass sie gerne kreativ arbeiten und mit Menschen zu tun haben. Semiprofessionelle Fotografen haben meist die gleichen Auftraggeber, arbeiten aber nur nebenberuflich als Fotograf, weil sie noch andere Einkünfte haben. Amateure freuen sich über kreative Betätigung, eine Zunahme des Bekanntenkreises und gönnen sich auch manchmal den Luxus sehr zeitintensiven Arbeitens. Beispiele sind z.B. in den Gruppen der sozialen Netzwerke zu finden. Oft wird hier auch mehr draus, denn so mancher hat schon sein Hobby erfolgreich zum Beruf gemacht.

Posing für Porträts 1: Interessantes Aufgabengebiet

Model Vanessa
Model Vanessa.

 Porträtfotografie tolles Aufgabengebiet 

für Fotografen

Rennwagen, Motorräder, Pferde, Blume, Strand und Yachten… alles wird fotografiert. Aber den Schwerpunkt in der Model- oder Portraitfotografie zu wählen – da scheinen viele Fotografen am Anfang zu fremdeln. Warum? Na klar: Es geht um Menschen und manche haben eben Angst davor. 

Voraussetzungen sind wichtig

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Furcht völlig fehl am Platz ist. In meiner Zeit als Pressefotograf habe ich rasch gelernt, dass dieser Bereich speziell ist. Aber mit den richtigen Voraussetzungen, Kenntnissen, Ausrüstung und den Menschen, die Spaß dabei haben, ist Model- und Porträtfotografie ein wirklich tolles Aufgabengebiet für Hobby- und Profifotografen. 

Blumen einfachere Motive

Allerdings ist es aus meiner Sicht tatsächlich einfacher eine Sonnenblume ins rechte Licht zu setzen, als zum Beispiel die hübsche Frau von nebenan. Mein Beispiel kann erweitert werde: Stell´ Dir nun vor, es setzt sich plötzlich ein bunter Schmetterling auf die Blume und das soll unbedingt Dein Foto werden. Plötzlich gerätst Du in Stress – was, wenn er vorher wegfliegt? Du hast nun keine Zeit mehr für detaillierte technische Kameraeinstellungen oder Aufstecken Deines Blitzgeräts. Du musst sofort und instinktiv erfahren reagieren. Zeit und Blende sind bereits vorher eingestellt. Jetzt nur noch Ausschnitt wählen, Scharfstellen und Auslösen – fertig ist Dein Foto! 

Konzentration auf Model wichtig

Ähnlich verhält es sich bei der Fotografie von Menschen. Du musst Dich völlig auf Dein „Objekt“ konzentrieren. Mit dem Schmetterling brauchst Du nicht sprechen. Mit Deinem Menschen schon. Er braucht z.B. klare unmissverständliche Posing-Anweisungen, muss sich richtig zum Licht stellen, die richtige Mimik zeigen, die Bekleidung muss stimmen und vieles mehr. Das alles kontrollierst Du vorher und dann durch den Sucher. Im richtigen Moment löst Du aus, einmal, zweimal vielleicht sogar in Serie. 

Motivation des Models

So entstehen Deine Model- und Porträtfotos, mit denen Du, Dein Auftraggeber und vor allem auch Dein Model zufrieden oder vielleicht sogar begeistert ist. Die Fotos machst Du und nicht Deine Kamera. Du motivierst Deine Models, verhältst Dich richtig und angemessen und sorgst so bei ihnen für Freude an der Arbeit. Dies wirkt sich selbstverständlich auch auf Dich aus. So verfliegt die Zeit im Nu, denn die Psychologie der Model- und Portraitfotografie tut erfolgreich ihren Dienst. Deine sehr gute Kompetenz in diesem Bereich muss ebenso perfekt sein wie Deine Kenntnisse über die Technik der Fotografie und der Bildgestaltung. 

Posts über Posing für Porträts folgen

Diese folgenden Posts wollen Dir bei diesen Themen weiter helfen. Mit diesen Tipps findest Du Deinen persönlichen Zugang zum Thema. Da Model- und auch Porträtfotografie ähnliche Voraussetzungen mitbringen, habe ich hier beides zusammengefasst. Auch wenn andere anderer Meinung sind.

Sonntag, 27. Februar 2022

Fotos komponieren

Zwei Diarahmen
Mit einem leeren Rahmen können Sie prima mögliche Ausschnitte bestimmen.

 Ausschnitt bestimmen heißt komponieren

Sicherlich haben Sie schon einmal einen dieser 1,90m großen Familienväter gesehen, die aus ihrer Obersicht Fotos von ihren zweijährigen Kindern oder Dackeln gemacht habe. Wie diese Fotos ausschauen, können Sie sich sicherlich vorstellen. In beiden Fällen geben sie nicht das wieder, was vom Fotomann intendiert war.

Fotografischer Blick fehlt

Was diesen Leuten in diesem Fall gänzlich abgeht, ist der fotografische Blick. Jemand hat sich einmal gewünscht "Man müsste mit den Augen fotografieren können." Das kann jeder Fotograf, der den fotografischen Blick "hat", nur bestätigen. Doch was machen diejenigen, die nicht diese Sichtweise haben? Keine Bange: Der fotografische Blick ist zu erlernen.

Leeren Rahmen nutzen

Zu analogen Zeiten der Fotografie besaß jeder (Amateur-) Fotograf über Diarahmen. Oben links habe ich einen solchen gestaltet. Alternativ klappt es auch mit einer Pappe, die eine Öffnung von 23mm mal 35mm hat. Nehmen Sie diesen Rahmen mit auf Ihre Spaziergänge und betrachten Sie dadurch Ihre Umgebung. Schnell stellen Sie fest, dass jedes Motiv auf unendlich viele Weisen abgelichtet werden kann.

Motiv im Visier

Andreas Feininger beschreibt in seinem Lehrbuch Große Fotolehre die unterste (simpelste) Stufe der Fotografie als ein "Zielen mit der Kamera. (...) Der Fotograf nimmt das Motiv ins Visier - in den Sucher - und ´schießt`. Er kann dann schon zufrieden sein, wenn er seine Opfer auf den Film bringt, ohne ihnen die Köpfe abzuschneiden." Die zweite Stufe sei eine "überlegende Betrachtung und Prüfung des Motives innerhalb der Grenzen des Suchers." 

Grafisch befriedigende Komposition

So komme man zu einem wirkungsvollen Foto, das eine grafisch befriedigende Lösung darstelle. Feininger weiter: "Die gleiche Verrichtung, die auf der ersten Stufe nichts weiter bedeutet, als das Objektiv mechanisch auf das Motiv zu richten, wird auf der zweiten Stufe zur Komposition.

Und die Kamera lügt doch

Gerade diese Komposition ist nun aber verantwortlich für die Aussage, dass die Kamera lügt, die Fotos lügen. Wobei "lügen" heißt, dass, so Feininger, "zwischen einem Foto und dem darauf abgebildeten Motiv ein Unterschied besteht." Erfahrene Fotografen kennen und nutzen diese Differenz und verleihen ihren Fotos mehr Ausdruck.




Ist Qualität eine Frage des Geldes?

Canon M50
Mit meiner Canon M50 macht mir das Fotografieren richtig Spaß.

 Macht teures Equipment bessere Fotos?

Eine Pixelsensation jagt die nächste. Immer höhere Display- und Fotoauflösungen sorgen dafür, dass Sie Ihre Kamera schon wenige Wochen nach dem Kauf technisch ins Abseits gedrängt sehen. Die "Fachzeitschriften" und Magazine befeuern diese Entwicklung. Sie vermitteln mir, dass meine Canon M50 nur auf den hinteren Rängen Platz nimmt.

Koffer voller Fach-Equipment ungenutzt

Doch für mich ins die Kleine der absolute Star. Vor dem Kauf verwendete ich für meine Porträtarbeiten eine komplette Nikonausrüstung, verstaut in einem großen Hartschalenkoffer. Seit dem Kauf habe ich den Koffer nie wieder geöffnet. Mit der M 50 macht mir das Fotografieren einfach mehr Spaß. Außerdem ist die Kamera praktisch und leicht samt Wechselobjektiv in einer kleinen Fototasche zu transportieren.

Bildqualität ohne Mängel und vergleichbar

Die Qualität der Aufnahmen ist aus meiner Sicht nicht zu beanstanden. Die M50 bringt für meine Zwecke sehr gute Fotos. Am Ende entscheidet ohnehin die Fähigkeit des Fotografen im Umgang mit Photoshop. Ich komme seit den 90er Jahren mit dieser Bildbearbeitungssoftware gut zurecht.

Geringschätzende Blicke voller Mitleid

Wenn ich mit der M50 auf der Pressekonferenz der Berliner Filmfestspiele aufgetaucht wäre.. Ich kann mir die Kommentare und mitleidigen Blicke der Kollegen schon vorstellen. Doch - geringschätzende Blicke von Fotografen-Kollegen kenne ich schon von früher. Ich erinnere mit sehr gerne an meinen Einsatz bei der letzten DTM-Veranstaltung auf dem AVUS Berlin. Damals war ich noch am Anfang meiner Bildjournalistenkarriere und setzte eine Olympus OM-10 samt zugekauftem manuellem Zeitschalter ein. Angeschraubt war ein 200mm-Tele von Tamron. Perfektion und Hightech sehen anders aus.

Dämliche Fragen von Kollegen

Ich stand auf der Fotografen-Tribüne an der Kehre Richtung Innenstadt. Umzingelt wurde ich von teuren grauen Canon-Teleobjektiven. Als ich meine Olympus aus der Tasche fingerte, hatte ich die Lacher auf meiner Seite. "Was willst Du denn damit?" und "Macht die auch Fotos?" waren einige der Fragen, die mir entgegen schwappten. Mit fotografischen Blick und Fantasie bebilderte ich in Gedanken meine Fotosonderseiten und muss sagen: Es kamen gute und rasante Motive dabei heraus. Übrigens: Als ich die Tribüne verließ um zurück in die Redaktion zu fahren, verabschiedete ich mich bei meinen Kollegen wie folgt: "Hoffe Eure Fotos finden Abnehmer. Ich muss jetzt los, denn meine Fotosonderseiten erscheinen in sieben Tageszeitungen. Viel Spaß noch!"  

Fotografischer Blick ist entscheidend

Mein Beispiel von früher zeigt, dass der fotografische Blick gepaart mit Fantasie und Know-How  wichtiger ist als teures Equipment. Lassen Sie sich diesbezüglich nichts von niemandem einreden. Irgendwann später wurde eine Nikon F4 meine feste Begleiterin. Im Nachhinein muss ich feststellen, dass die Pressefotos damit keineswegs besser gerieten als vorher.


Mittwoch, 23. Februar 2022

Ist Fotografie Kunst?

Drei Ventile einer Trompete
Trompetenventile. Ist das Kunst oder...?

Ist das Kunst?

Kann ein Foto Kunst sein? Oder ist es schlicht und ergreifend einfach nur eine besondere Art von Kunsthandwerk?

Motiv bietet viele Möglichkeiten

Betrachten wir einmal das Foto mit einem Ausschnitt meiner Trompete. Wieviele Möglichkeiten hätte es gegeben, diese drei Ventile zu fotografieren? Mir fallen spontan mindestens zehn ein, allen voran das typisch dokumentaristische Produktfoto, das die Bestandteile dieses Blasinstruments aufzeigt. Doch hier versackt der Hintergrund im Unscharfen, ein Scheinwerfer links Mitte beleuchtet diese Szene zusätzlich von hinten. Für ein Produktfoto hätte ich es einmal mit einem Ringlicht versucht.

Ursprungsdatei löschen?

Doch zurück zur Frage: Ist es ein Kunststück, ein Stück Kunst? Es gibt tatsächlich Fotografen oder Fotodesigner (!), die früher das Negativ oder das Dia nach vielleicht zehn Abzügen vernichtet haben um so die Einzigartigkeit hervor zu heben. Das ist in unserer digitalen Welt nicht mehr möglich, es sei denn, die Datei wird vollends gelöscht. 

Macht Geld Kunst?

Doch macht es die Deletetaste plötzlich zur Kunst? Um einer Antwort auf die Spur zu kommen hilft mir, wie so oft im Leben, ein Spruch meiner Mutter weiter: "Wenn es Dir jemand als Kunst abkauft, dann ist es Kunst!", lautete ihre lapidare Aussage. Ein Quentchen Wahrheit steckt dahinter. Bei dieser Version schiebe ich die mögliche Antwort einem Kunden zu. Nach seiner positiven Bewertung (Kauf) handelt es sich um ein Kunstwerk.

Reproduzierbarkeit änderte viele Aspekte

Walter Benjamin verfasste den Aufsatz "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner Reproduzierbarkeit". Dort lässt er sich über Kunstwerke im Originalen aus. Kennzeichnend für diese sei die besondere Aura, die das Kunstwerk umgebe. Ansonsten attestiert Benjamin, dass was von Menschen geschaffen wurde stets auch von anderen Menschen kopiert und reproduziert werden kann.

Finanzamt weiß Bescheid

Eine Antwort auf die eingangs gestellte Frage liefert Benjamin nicht. In unserer modernen Welt hat das Finanzamt eine Antwort parat. Es wird unterschieden zwischen Bildjournalisten, Fotodesignern und gewerblichen Fotografen. Na klar: Gewerbetreibende machen keine Kunst. Sie fotografieren Hochzeiten und drängen sich damit künstlerisch gesehen ins Abseits. Doch was ist in dieser Abteilung mit den Immobilienfotografen, deren Job es ist, Gebäude als Kunst im öffentlichen Raum darzustellen. Für das Finanzamt ist der Fall klar: Gewerbe. An dieser Stelle erlaube ich mir den Aufruf an Fotografen doch bitte einmal ein völlig verglastes Hochhaus sowohl von außen und innen detailliert abzulichten und diese Fotos dann mit denen der Profis zu vergleichen. Schwupps: Doch Kunst und keine Gewerbe.

Fotodesigner produzieren Design

Einfacher haben es die Fotodesigner. Sie gehen mit künstlerischem Anspruch an ihre Objekte/Menschen heran und liefern, freiberuflich wie sie sind, per se Kunst. Oder eben Design. Doch um mich so zu nennen, brauche ich keine vier harten Jahre am Fachbereich Visuelle Kommunikation an der Berliner Kunsthochschule, sondern nur meine Behauptung "Fotodesigner" gegenüber dem Finanzamt bei der Beantragung einer Steuernummer.

Fotos ausstellen

Kunst wird also behauptet? Verwaltungstechnisch ja! Doch in der Rezeption sieht das wahrlich anders aus. Um als arrivierter Fotokünstler angenommen, akzeptiert zu werden, brauche ich eine Liste von Ausstellungen, in denen vielleicht ein oder zwei Fotos erstanden wurden. Das reicht für die Kunst. Genau, denn wären die Aufnahmen keine Kunst, dann hätte diese ja niemand ausgestellt.

Veröffentlicht ist auch gekauft

Irgendwie bin ich nun wieder bei der Einschätzung meiner Mutter. Wenn mir einer Geld gibt, dann ist es O.K. Als langjähriger Bildjournalist war die Freude immer groß, wenn Fotos von mir veröffentlicht wurden. Im Sinne meiner Mutter habe ich diese verkauft. Im Laufe meiner Tätigkeiten waren es mehr als 2.500 Veröffentlichungen in Printmedien und viele auch im Internet. Die habe ich nicht gezählt, denn die Printmedien zahlten früher besser. Ach ja: Es waren bestimmt einige künstlerischen Fotos dabei. :-) 

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Dienstag, 22. Februar 2022

Von Selfies und Boxkameras

Boxkamera im Einsatz
Oben reinschauen, auslösen...fertig. So einfach war das Knipsen mit einer Boaxkamera.

Boxkameras waren früher das 

Smartphone von heute  

Gab es früher bereits schon einmal eine Fotografier-Vernarrtheit oder kam das erst mit unseren Smartphones? Die Antwort lautet "Ja, das gab es ab 1924 in Deutschland."

Der Feind aller Fotohändler waren im 20. Jahrhundert die einfach zu bedienenden Boxkameras. Die Hülle wurde nach hinten abgezogen, der 120er Rollfilm eingelegt, Belichtung "Sonne" oder "Wolken" bestimmt und ausgelöst. Fertig war das Foto!

150 verschiedene Boxkamera-Modelle

Tatsächlich wurden allein in Deutschland zwischen 1924 und 1970 (!) 12 Millionen Boxkameras verkauft. In Deutschland warfen die Produzenten insgesamt 150 verschiedene Modelle auf den Markt. Für die Fotohändler waren die Boxkameras ein absolutes Ärgernis, denn diese hätten lieber für 100 DM eine Leica statt eine Box für zwischen 6,50 DM und zwölf DM verkauft. Die Händler ärgerte es am meisten, dass die Boxknipser, die sie am Sonntag Nachmittag im Park beobachteten, sich hätten eine "richtige", sprich teure Kamera hätten leisten können.

380 Millionen Fotos

Im Format 6x9 passten acht Fotos auf den 120er Rollfilm. Und geknipst wurde, was der Film hergab. Wenn jeder auch nur vier Filme verschossen hätte, dann wären in 46 Jahren mehr als 380 Millionen Fotos entstanden. Das entspricht 8.347.826 Fotos im Jahr. Tatsächlich waren es selbstverständlich wesentlich mehr belichtete Filme. Genaues Zahlenmaterial war nicht aufzufinden.

Niedrige Anforderungen als Erfolgsrezept

Zum Vergleich: Heute sind mehr als 107 Millionen Smartphones im Besitz der Bundesbürger. Zwei Drittel machen Selfies und andere Aufnahmen. So entstehen 79 Millionen Fotos täglich. Das Fotografieren ist mit dem Smartphone ebenso einfach wie früher mit der Boxkamera. Wären die technischen Anforderungen wesentlich höher (Verhältnis Zeit und Blende berechnen oder andere manuelle Einstellungen), dann hätte der Siegeszug des Fotografierens mit einem Smartphone sicherlich niemals stattgefunden.

Übrigens: Persönlich bevorzuge ich meine beiden Digitalkameras (Canon/Nikon). Fotos mit meinem Smartphone aufnehmen ist nicht mein Ding. :-) 

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Montag, 21. Februar 2022

Filter und Digital Makeup

Modelfoto mit und ohne digital Makeup
Model Tatjana links in Natura, rechts als ein Kunstprodukt.

Mit Filtern richtig schön unnatürlich

Zur Verdeutlichung dessen, was technisch möglich ist, habe ich die digitale Bearbeitung dieses Porträtfotos links rechts ein bisschen auf die Spitze getrieben. NutzerInnen der bestehenden Social-Media-Plattformen verwenden solche Filter. Warum? Weil sie sich selbst nicht genügen, behaupte ich mal völlig provokant. Und weil sie gut aussehen wollen, sowohl auf dem Selfie als auch bei den Likes. Doch was bewirken Filter aus psychologischer Sicht?

Digitales Doppelleben

Jedes Foto, also auch Selfies, über die ich gesondert noch schreiben werde, behaupten "So ist es gewesen" oder "Das hat so stattgefunden". Niemand kommt auf die Idee (hoffentlich), in ein Menüfoto mit Photoshop schnell noch eine Schale Kaviar hinein zu kopieren, damit man mehr angeben kann und mit dem Post "besser aussieht". 

Realität weg filtern

Dagegen ist die Filterverwendung bei Gesichtsaufnahmen durchaus üblich und klappt wahrscheinlich nur, weil die meisten Follower weit entfernt wohnen. Dem digitalen Doppelleben kommen nur Bekannte auf die Spur, die vermutlich selber die Realität ebenso filtern. Was sie aber nicht wissen ist, dass sie ihre eigene Realität regelrecht wegfiltern. Dass diese gefilterte Wirklichkeit keineswegs identitätstiftend ist, wird erst auf lange Sicht spürbar.


Foto mit und ohne Sinn

Warum manche Fotos gefallen 

und andere nicht

Panorama Wiesbaden
Foto 1: Aussichtspunkt mit Fernrohr in Wiesbaden.
 

Auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage "Warum gefallen manche Fotos und andere nicht?" habe ich einige Motive ausgesucht, die ich vor einigen Jahren aufgenommen habe. Die Gründe dafür liste ich hier nacheinander auf und komme so der Antwort, meiner, das kann ich bereits vorweg nehmen, ganz persönlichen Antwort, auf die Schliche.

Geheimnis bewahrt

Foto Nummer 1 zeigt eine Aufnahme von einem Aussichtspunkt auf die Stadt Wiesbaden. Zu sehen ist ein Fernrohr, das mir gegen Geld einen detaillierten Blick verspricht. Die Häuser und Kirche sind out of Focus, einfach nur umscharf. Ohne nähere Gründe wurden die Einstellungen damals so gewählt. Heute muss ich darüber schmunzeln, weil ich so das Geheimnis des Fernrohres bewahrt und nicht verraten habe. Leicht hätte ich eine Panoramaaufnahme der hessischen Landeshauptstadt schießen können. Dafür lag damals scheinbar keine Motivation da.

Unschärfe wirkt

Die Unschärfe berührt mich bei diesem Bild am meisten. Warum? Antwort: Für mich gibt es im Leben vieles, was sich noch nicht klar abzeichnet. Die Unschärfe lässt mir Raum zur Interpretation. Oder besser zur Spekulation. Beim Fotografieren wählt man nicht nur den Ausschnitt aus der Wirklichkeit. Vielmehr entscheidet jeder Fotograf auch durch Weglassen und Nichtzeigen. Für mich ist Foto Nummer 1 ein Foto mit Sinn.


 

Altstadtinsel Lübeck
Foto 2: Hafenkran, der früher Waren auf der Lübecker Aktstadtinsel verladen hat.

Dass das Unterbewusstsein mich zum Auslösen drängen kann, erkannte ich bei Foto 2, dem historischen Hafenkran vor den Hafenschuppen auf der Lübecker Altstadtinsel. Beim Fotografieren befand ich mich auf einem Gebäude gegenüber und war froh endlich mal ein persektivisch unverzerrtes Bild vom Kran zu machen. Begeistert habe ich mich schon vorher, aber die Fotos gerieten eher zu expressionistischen Aufnahmen der Freien Kunst.

Erinnerung an Metallbaukasten

Nun, auf der Suche nach Fotos für diesen Blogeintrag stieß ich auf dieses Bild. Mir fiel sofort eine Analogie zu meiner Biografie auf, die mich zum Fotografieren gebracht hat. Spontan fielen mir meine Bauaktionen mit Metallbaukästen in der späten Kindheit ein. Damals hatte ich besonders gerne Roboter mit vier Beinen gebaut. Der Hafenkran ist sogar auf Schienen mobil. Darauf bin ich damals, vor 50 Jahren, nicht gekommen. Erinnerungen lassen mich das Foto positiv bewerten. Obwohl es von seinem Äußeren nicht viel hergibt und eigentlich keine besonders tolle Aufnahme ist: Für mich ist es die Erinnerung an die Kinderzeit. Die gibt für mich dem Foto einen Sinn. Mir gefällt es.

 

Russisch-orthodoxe Kirche in Wiesbaden
Foto 3: Russisch-orthodoxe Kirche in Wiesbaden.

Sehr wahrscheinlich spielt der Abstand zwischen Aufnahmedatum und erneuter Rezeption auf der Suche nach dem Sinn eines Fotos eine bedeutende Rolle. Foto 3 zeigt eine russisch-orthodoxe Kirche auf dem Neroberg in Wiesbaden. Bei der Aufnahme gefiel mir das Gebäude mit seinen Säulenportalen und Zwiebeltürmen. Damals war die goldene Farbe der Türme für mich ohne weiteren Belang.

Leuchten der Goldene Türme

Heute, drei Jahre später, war das Leuchten der Goldtürme erheblicher Anlass zur Interpretation. Als Schüler besuchte ich die Sonntagsschule, mochte den Konfirmantenunterricht und verlor erst als Volljähriger den näheren Kontakt zur Kirche. Allerdings ist mir der Glauben geblieben. Die protestantische Erziehung prägte mich anscheinend erheblich. 

Kontaktsuche zu Gott

Als ich das Foto heute wieder sah, fuhr mir ein leichter Schauer den Rücken herunter. Für mich waren die leuchtenden Türme ein Licht, ein Zeichen, das nach oben in den Himmel abstrahlt und den Kontakt zu Gott sucht. Das jedenfalls war mein erster Eindruck nachdem ich das Foto wieder in Augenschein nahm. Ohne meine biografische Prägung wäre es nur ein Foto von einer Kirche mit goldenen Dächern gewesen. Mit meiner Glaubenserziehung macht Foto 3 Sinn. Für mich jedenfalls.

 

Model Tatjana
Foto 4: Model Tatjana am Lübecker Burgtor.

Bereits beim Auslösen spürte ich die scheinbar maßlose Traurigkeit, die das Model auf diesem Foto zum Ausdruck bringt. Aus meiner Sicht sendet dieses Bild ein Signal an die archetypischen Wirkungszusammenhänge, die jedem Menschen inne sind.

Niemand ist gerne allein

 Sie scheint völlig alleine gelassen ohne Zuspruch und Unterstützung in der weiten Welt. Die unscharfen Blätter symbilisieren hier Natur und Lebenswelten, die nicht helfen. Solche Motive lassen, vermute ich, niemanden kalt. Mich jedenfalls nicht. Deshalb macht diese Aufnahme (für mich) Sinn.

 

Model Nica vor Hafenschuppen
Foto 5: Model Nica vor historischem Hafenschuppen in Lübeck.

Schräge Bretter, abblätternde Farbe und wildes schwarzes Graffiti stehen in Kontrast zu den weichen Formen des Models. Dass sie sich selbst berührt und scheinbar mit den Haaren spielt steht für mich als ein Zeichen für angenehme Selbstwahrnehmung und absolute Zufriedenheit mit sich selbst.

Die Mitte gefunden

Es scheint so, als hätte das Model Nica ihre innere Mitte gefunden. Wer möchte das nicht gerne auch. Ich schon. Aus diesem Grund macht Foto 5 für mich Sinn.

Wann also machen Fotos Sinn? 

Anlass und Anregung für Interpretationen, Wirkung durch persönliche Erinnerungen, Bestätigung persönlicher religiöser Einstellungen und heftige Emotionen sind bei den fünf Beispielen Sinnträger in Fotografien. Interessant allemals ist der alte Hafenkran, der eigentlich nicht die Hauptsache in der Draufsicht der Hafenschuppen darstellt. Was für ihn gilt, funktioniert auch bei zahlreichen Details, die Bestandteile möglicher Fotos sein können. Haben Sie Erinnerungen an ein Detail, dann wird Ihnen diese Aufnahme in Erinnerung bleiben.

Keine Betroffenheit erzeugt

Unzählig viele Fotos erfüllen diese Eigenschaften nicht. Sie geraten umgehend nach dem Anschauen in Vergessenheit. Beispiel: Vor einigen Jahren zeigte mir ein Bekannter ein Fotobuch seines Urlaubs. Ich war vorher sehr gespannt und neugierig auf die Bilderflut, da ich das Land noch nie bereist hatte. Schon während des Blätterns flirrten die für mich belanglosen Bilder an mir vorbei. Auch technisch konnte keines überzeugen. Ich bin mir sicher, dass ich mich schon eine Stunde später an keines mehr erinnern konnte. Nicht eines hat mich berührt. Keines hat Emotionen ausgedrückt oder eine Geschichte in eingefrorener Zeit erzählt. Nicht eine einzige Aufnahme hat bei mir positive oder negative Betroffenheit erzeugt.

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Blogeinleitung + Literaturliste

 Wozu ein Blog zu diesem Thema?

Fotograf mit Kamera
Spielfigur Fotograf mit Kamera auf Stativ.

Nach mehr als 20.000 gefertigten Fotos wovon ca. 2.500 in Printmedien veröffentlicht wurden, ist für mich jetzt die Zeit gekommen über Fotografie nachzudenken. Gedanken wie "Warum gefallen manche Fotos und andere nicht?", "Ist Fotografie wirklich statisch?",  "Verändern uns Selfies?" und "Seit wann gibt es eigentlich die Allgegenwärtigkeit des Fotografierens?" beschäftigen mich schon länger sehr.

Eines weiß ich ganz genau: Der Berufskollege oben auf dem Foto sieht nur gut aus, macht sich aber nicht den Funken eines Gedankens. Es wird also spannend für alle, denen die Fotografie nahe am Herzen liegt. 

Für Sie gelesen habe ich zahlreiche Texte zur Theorie der Fotografie. Diejenigen, die auch heute noch inspirieren, präsentiere ich in einzelnen Blogbeiträgen.

Nicht vergessen darf ich die rund zwei Dutzend Posts zum Thema "Posing für Porträtfotos". Hier gibt es viel zu erzählen. Ich denke, dass die passenden Fotos einiges an Anregungen geben. 

Zu den Themen "Glaskugelfotografie" und "Boxkameras aus Deutschland" gibt es Sonderseiten, die Sie über das Menü aufrufen können.

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Michael Felske

 

Folgende Literatur kann ich zum Thema nur empfehlen:

Rhiannon Adam, Polaroid - Kreative Tools und Techniken, Prestel Verlag, 1. Auflage, München 2017

Lindsay Adler, Das Posing-Handbuch, dpunkt verlag, 1. Auflage, Heidelberg 2018

Roland Barthes, Die helle Kammer, Suhrkamp Verlag, 18. Auflage, Frankfurt 2021

Ronny Behnert, Langzeitbelichtung, Bildner Verlag, 2. Auflage, Passau 2016

Beifuß/Blume/Rauch, Bildjournalismus, List Verlag, München 1984

Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner Reproduzierbarkeit, Suhrkamp Verlag, 7. Auflage, Frankfurt 2020

Pierre Bourdieu et.al., Eine illegitime Kunst, Suhrkamp Verlag, 1. Auflage, Frankfurt 1983

Bobbi Brown, Makeup Manual, teNeues Verlag, 6. Auflage, Berlin 2011

Steve Crist, The Polaroid Book, Taschen Verlag, 1. Auflage, Köln 2021

Andreas Feininger, Die hohe Schule der Fotografie, Heyne Verlag, 18. Auflage, München 2000

Andreas Feininger, Grosse Fotolehre, Heyne Verlag, 5. Auflage 2001, München

Andreas Feininger, Licht und Beleuchtung in der Fotografie, Heyne Verlag, München 1982

Gisèle Freund, Photografie und Gesellschaft, Rowohlt Taschenbuch Verlag 25. Auflage, Reinbek bei Hamburg 1979

Günter Grass, Ein weites Feld, Steidl-Verlag, 1. Auflage, Göttingen 1995

Wolfgang Kemp/Hubertus v. Amelunxen, Theorie der Fotografie I-IV 1839-1995, Verlag Schirmer/Mosel, München 2006

Stefan Lenz, Glaskugel Faszination, Amazon Distribution, 1. Auflage 2021

Jamari Lior, Besondere Techniken der Modelfotografie, Pearson Deutschland Verlag, München 2013

Jamari Lior, Modelfotograf werden, Addison-Wesley Verlag, München 2011

Eva Oer/Christian Cohrs, Generation Selfie, mvg Verlag, 1. Auflage, München 2016

Wolfgang Rau, Recht für Fotografen, Rheinwerk Verlag, 3. Auflage, Bonn 2017

Eliot Siegel, Models richtig fotografieren, Stiebner Verlag, 3. Auflage, Grünwald 2016

Manfred Spitzer, Die Smartphone Epidemie, Klett-Cotta Verlag, 1. Auflage, Stuttgart 2018

Bernd Stiegler (Hrg.), Texte zur Theorie der Fotografie, Verlag Philipp Reclam jun., 2. Auflage 2017

Roberto Valenzuela, Perfektes Posing mit System, dpunkt verlag, 1. Auflage, Heidelberg 2014

Christian Westphalen, Die große Fotoschule - Handbuch digitale Fotopraxis, Rheinwerk Verlag, 4. Auflage, Bonn 2020

Franz Zwerschina, Natürliche Porträtfotografie, dpunkt verlag, 1. Auflage, Heidelberg 2019


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Bilderstellung mit Künstlicher Intelligenz

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