Montag, 28. Februar 2022

Posing für Porträts 2: Warum Porträtfotografie?

Seidentuchshooting am Lübecker Traveufer
Model Nica an der Trave in Lübeck.

 Warum eigentlich Model- und Porträtfotografie?

Die Bilderfluten des Internet zeigen zu jedem nur erdenklichen Suchbegriff Tausende von Treffern: Aufgaben und Möglichkeiten für Fotografen gibt es viele. Warum aber soll es denn die Model- und Porträtfotografie sein? Eine Antwort ist ganz einfach: Es gibt einen riesigen Bedarf an solchen Fotos.

Kontakt zu Menschen

Unser Alltag ist geprägt von gestalteten Menschenfotos. Werbung, Unternehmen, Familien, Vereine – überall werden ständig neue Fotos gebraucht und irgendwer muss die ja auch herstellen und damit seine Brötchen verdienen. Die andere Antwort lautet: Fotografen, die sich diesen Aufgaben widmen, haben stets Kontakt zu Menschen, erweitern ihren Bekanntenkreis und das Netz der möglichen Auftraggeber, arbeiten kreativ und vor allem interaktiv. 

Menschen mögen Menschenfotos

Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob ich für ein Foodfoto die Paprika einöle, damit sie besser und frischer rüberkommt, oder ob ich mich mit meinem Model kommunikativ und emotional auf den Weg zur bestmöglichen Aufnahme bewege. Die letzte Antwort ist für mich persönlich die Wichtigste: Menschen mögen Menschenfotos. Davon lebt die Werbung. Allerdings mögen Menschen auch (manche) Fotos von sich selbst. 

Urlaubsfotos als Versuchsballon

Wenn Du jemals Urlaubsfotos von deiner Familie gemacht hast, dann konntest Du bei der Bildershow sofort die Feedbacks einholen. Von „Nein, das geht ja gar nicht“ bis zu „Klasse! Gefällt mir.“ war da bestimmt alles dabei. Wenn Du bei diesen Privataufnahmen „Blut geleckt“ hast, es Dir Freude bereitet, Deine Sippe abzulichten, dann kann das für Dich der Beginn einer Karriere als Porträt- und Modelfotograf sein. Ja, es gibt noch viel zu lernen, denn auch bei Deinen Urlaubsfotos sind nicht alle Schnappschüsse gelungen und die Gestaltung wird sich immer auch in Grenzen gehalten haben. Doch daran kannst Du ja arbeiten. 

Fotos wecken Gefühle

Wie wichtig und berührend Portraits für Menschen sein können, möchte ich gerne an meinem Beispiel erzählen. Auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken für meine Verwandtschaft war ich vor Jahren schier am Verzweifeln. Für Onkels, Tante, Bruder, Großvater etc. fiel mir in dem Jahr absolut nichts ein. Zum Zeitvertreib blätterte ich in alten Fotoalben und sah mir die schwarz-weißen Aufnahmen von damals an. Mein großer Bruder noch ganz klein und was? Die Tante noch ohne Falten – oder? Ich konnte nichts Genaueres erkennen, denn es handelte sich um 6x6 Kontaktprints von Negativen, die mit einer alten Balgenkamera o.ä. gemacht wurden. Ich griff zur Lupe und dann konnte ich mir diese Bilder ganz genau anschauen. Ich war begeistert und verbrachte Stunden mit diesen alten Aufnahmen. Mit einem Mal machte es „Klick“ und meinen Weihnachtsgeschenkidee erblickte prompte das Licht der Welt. „Ich verschenke Porträtbilder aus diesen Aufnahmen“, stand für mich fest. 

Repros alter Fotos als Weihnachtsgeschenke

Den nächsten Tag  verbrachte ich mit der Anfertigung von Repros ausgewählter Fotos auf Strichfilm, der Filmentwicklung in meinem Labor und der Betrachtung meiner Negative am Vergrößerer. Den Kopf des Vergrößerers drehte ich um 90 Grad, projizierte das Negativbild an die Wand, wählte Größe und Ausschnitt, brachte das Fotopapier dort an und belichtete dieses nach meinen Berechnungen. So entstanden aus Gruppenbildern Einzelfotos meine Verwandtschaft, die sicherlich anders aussahen als professionell geschossene Porträts. Aber sie zeigten die einzelnen Menschen aus der Nähe. Dies war damals bei den Mindestabstände der Objektive im privaten Bereich nicht besonders üblich oder weit verbreitet. Auch wenn das Korn sehr grob war kam ich zu gelungenen Ergebnissen. Ich entschied mich für 18x24-Abzüge. 

Initialzündung

Der Heiligabend geriet zu einem Vulkanausbruch voller Gefühle und Freudentränen. Alle Fotos hatte ich schick mit Passepartout eingerahmt und fein verpackt. Die Wirkung: Aufschreie, Aufspringen, Umarmen – oder vielleicht auch in einer anderen Reihenfolge, ich weiß es nicht mehr so genau. Menschen mögen Menschenfotos – und wenn es ihre eigenen sind. Dieser Heiligabend geriet für mich zur Initialzündung für die Mode- und Porträtfotografie.  

 Suche nach Gesichtern hinter Alltagsgesicht

Mehr aber auch nicht, denn ab dann musste ich mich erst einmal in die Themen einarbeiten. Das Faszinierende an der Porträtfotografie ist für mich, durch Fotos  Persönlichkeit, Charakter und Emotionalität der Menschen zum Ausdruck zu bringen. Ich bin stets auf der Suche nach den Gesichtern hinter dem Alltagsgesicht. Technik, Location etc. spielen hier eine sehr untergeordnete Rolle. Entscheidend ist die Psychologie des ganzen Prozesses. Das ist mein Beweggrund mich der Porträtfotografie zu widmen. Bei der Modefotografie geht es immer darum Produkte oder meist nur ein Produkt in den Vordergrund der Bildwirkung (nicht unbedingt immer auch der des Bildes) beim Betrachter zu stellen. Hier sind Planung, Gestaltung, Story, Location und Idee wichtiger als alles andere. Die Technik liefert lediglich das Handwerkszeug zur Zielerreichung. Kreativität wird dabei stets großgeschrieben. Das liebe ich an der Modefotografie und das ist mein Grund für meine Betätigung in diesem Aufgabenbereich.

Kreative Beschäftigung

Stellst Du Profifotografen die Frage, warum Model- und Porträtfotos machen, zucken sie mit den Achseln und werden sagen „Weil es mein Job ist!“ Sicher: Viele arbeiten für Marken, Zeitschriften, Agenturen oder auch in der Unternehmensfotografie. Es ist eben einfach ihr tägliches Brot. Fragst Du weiter nach ihren Beweggründen wirst Du sicherlich erfahren, dass sie gerne kreativ arbeiten und mit Menschen zu tun haben. Semiprofessionelle Fotografen haben meist die gleichen Auftraggeber, arbeiten aber nur nebenberuflich als Fotograf, weil sie noch andere Einkünfte haben. Amateure freuen sich über kreative Betätigung, eine Zunahme des Bekanntenkreises und gönnen sich auch manchmal den Luxus sehr zeitintensiven Arbeitens. Beispiele sind z.B. in den Gruppen der sozialen Netzwerke zu finden. Oft wird hier auch mehr draus, denn so mancher hat schon sein Hobby erfolgreich zum Beruf gemacht.

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