Model Melanie hat Erfahrung. |
Mach´mal anders!“: Richtige Anweisungen
an das Model geben
Tatort Nördliche Wallhalbinsel Lübeck: Model Melanie und ich shooten seit zwei Stunden zum Thema Posen für Porträts. Die vereinbarte Pose sitzt, dann sage ich tatsächlich zu ihr „Mach´mal anders!“. Sofort brechen wir beide in schallendes Gelächter aus. Was war passiert? Im Eifer des Gefechts war meine Zunge einfach schneller als mein Verstand. Ich schaute auf den Monitor und wollte eine andere Pose sehen, denn die eine war ja bereits im Kasten. Mein kleines Missgeschick hilft uns an dieser Stelle aber wirklich weiter.
Exakte Anweisungen wichtig
Gute Resultate kommen beim Modelshooting nur zustande, wenn das Model auch ganz genau weiß, was der Fotograf erreichen will. Dazu sind völlig exakte Anweisungen erforderlich. Sag ruhig „linker Ellenbogen nach hinten“ oder „Kinn weiter nach vorn“. Notfalls machst Du die Pose einfach vor (kann auch lustig sein), damit Dein Model eine Ahnung von dem bekommt, was Du sehen willst. Bedenke aber dabei, dass aus der Sicht des Models „links“ Dein „rechts“ ist. Bitte dementsprechend umgekehrt denken und anweisen. Außerdem: Bei vielen Menschen scheint rechts und links nicht so wirklich klar zu sein (Nimm das andere links!). Steht Ihr beispielsweise an einem Fluss, dann rede von der Wasserseite, analog zu anderen Locations von der Tür- und der Fensterseite usw. Das schafft Klarheit, beste Laune und keinerlei Missverständnisse.
Spielregeln verständlich erklärt
Die grundlegenden Spielregeln erkläre ich unerfahrenen Models vor dem Shooting. Und diese turne ich auch vor. Hier kommen die Wichtigsten:
1. Körperbelastung niemals auf beiden Füßen. Stets nur auf einem, der andere möglichst nur mit der Fußspitze aufgesetzt und Knie angewinkelt.
2. Po leicht nach hinten herausgestreckt. Die gesamte Wirbelsäule soll eine S-Form haben. Dies ist gerade bei seitlichen Aufnahmen von Bedeutung.
3. Kopfhaltung möglichst gerade, es sei denn, die beabsichtigte Pose verlangt etwas anderes.
4. Seitliche Porträtaufnahmen immer mit Blick über vorgeschobene Schulter. Diese zeigt immer in Richtung Kamera.
5. Fotografieren aus Obersicht (Kamera höher als Augen des Models) möglichst vermeiden, außer wenn Devotion beabsichtigt ist.
6. Bei Fotos aus Untersicht (Kamera unter Modelaugenhöhe) auf Kinn achten. Bei vorhandenem Doppelkinn bitte andere Aufnahmeperspektive oder Schal/Tuch wählen.
Dass das einmalige Erklären und Zeigen nicht ausreicht, wird Dir völlig klar sein. Deshalb immer wieder genau beobachten und korrigieren. So lernen beide dazu: Du schulst Deinen Blick und das (Anfänger-)Model erlernt das Posen. Bei den später folgenden Beispielfotos werde ich gesondert auf dieses Thema eingehen und die Einzelheiten erläutern.
Bekleidung vorher absprechen
Die konkreten Anweisungen an Models beginnen nicht erst beim Shootingtermin. Im Vorfeld ist jedes Mal zu klären, welche Bekleidung in welchen Farben das Model mitbringen muss und wie offensiv oder nicht es sein Makeup auftragen soll. Auch bei diesen beiden Themen kommt es auf Präzision bei Deinen Vorgaben an. Und Achtung bei Brillenträgern! Sollen die Fotos ohne Brille entstehen, dann musst Du dem Model sagen, dass es die Brille mindestens eine Stunde vor Shootingbeginn absetzt. Ansonsten sieht man die Druckstellen und Du sitzt dann vor PS und retuschierst die Stellen. Gleiches gilt für knallenge Bekleidung. Insbesondere Jeans hinterlassen Spuren an den Beinen, die sich bei Fotos im kurzen Kleidchen ungünstig bemerkbar machen.
Visagistin engagieren
Doch beginnen wir mit dem Makeup. Kannst Du eine Visagistin engagieren und bezahlen (ab ca. 100€ oder gratis, wenn Du eine kennst, die das umsonst macht), dann hast Du es einfach. Du sagst dem Model einfach „Komm´ ungeschminkt“ und den Rest macht die Visagistin. Die passt Makeup an Thema, Bekleidung, Lichtverhältnisse und Location perfekt an und Du machst „den Rest.“ Das war der Idealfall. Weil er sicherlich nicht immer zutrifft, ist es wichtig, dass Du Verabredungen mit dem Model triffst. Brauchst Du für die Fotos ein helles Makeup, dann muss das Model es unbedingt wissen. Kommt das Model mit dunklem Makeup, dann wird es sehr schwer bis schier unmöglich sich bei Outdoor-Shootings umzuschminken. Bei Studioterminen ist es leichter, denn dort wird es ja eine Waschmöglichkeit geben.
Maske selber machen
Es gibt in Sachen Makeup noch eine interessante Alternative, die sich allerdings nicht für alle Fotografen anbietet. Diese lautet: „Mach das Makeup selbst!“ Im Schnelldurchlauf geht das so: Du kaufst Dir ein Lehrbuch von Bobby Brown und investierst 100 bis 200 € in Schminkutensilien bei einer Drogerie Deiner Wahl, Dann besorgst Du Dir ein Opfer und übst solange, bis sich die Ergebnisse sehen lassen können. Youtube-Videos helfen übrigens auch viel weiter. Kurse und Ausbildungen mit echten Abschlüssen als Makeup-Artist mit Prüfung vor einer IHK sind ab 1000€ im Angebot. Entscheidest Du Dich dafür, hast Du die Investitionen bereits nach einem Dutzend Sessions mit eingesparter Visagistin raus. Dies ist übrigens mein Weg. Ich brauchte aber noch nie Hand anlegen, da meine Models entweder sehr gut vorbereitet sind oder ungeschminkt abgelichtet werden und ich später das Makeup digital mache. So geht es eben auch.
Eigenen Fundus Bekleidung zulegen
Viel aufwändiger wäre es, die Garderobe komplett digital zu montieren. Spaß, das ist keine ernstzunehmende Variante. Folglich kläre vor dem Shooting ganz genau, welche Kleidung in welchen Farben und welchen Stückzahlen mitgebracht werden muss. Bitte benutze keine allgemeinen Angaben wie „ein paar“, „sommerlich“, „klassisch“ oder gar „fröhlich“. Tust Du das, erlebst Du eine Überraschung, auf die Du gerne verzichten kannst. Mit kleinem Geld und etwas Zeit kannst Du Dir auch einen eigenen Fundus an Bekleidung zulegen. Gehe interessiert über ein paar Flohmärkte, kaufe weite Männeroberhemden, Frauenoberteile, Statement-Ketten, Blusen, Röcke in den gängigen Größen (S und M, bei Neigung zu Oversizemodels entsprechend größer) und Tücher, packe die in einen Koffer und nimm´ ihn mit zum Fototermin. Das macht Dich völlig unabhängig vom Modeverständnis Deiner Models und Du kannst Dir vor den Aufnahmen schon alles zusammen stellen. Ist doch auch nicht schlecht, oder?
Plan erläutern
Beim Shooting selbst finde ich es wichtig, dass das Model weiß, was ich gerade für ein Foto machen möchte. Dazu erzähle ich einfach, was ich plane. Damit meine ich während der Aufnahmen von Pose zu Pose. Ein Beispiel: „Das brauche ich jetzt noch in quer (Querformat). Die Ellenbogen dazu bitte weiter nach hinten. Sehr gut! (Klick) Danke!“ Diese Sätze lenken meiner Erfahrung nach nicht ab, sonder motivieren und bestärken die doch meist harte Arbeit der Models. Dank digitaler Technik zeige ich den Models auch ab und zu die entstanden Fotos. Bei von mir gewünschten Änderungen gibt das wortwörtlich bildhafte Hinweise.
Pausen wichtig
Im Frühsommer waren Model Melanie und ich im Einsatz zum Thema Posen für Porträts. Unser Arbeitspensum umfasste ca. 90 Posen und das bei 26 Grad Außentemperatur im Schatten. Bei solchen Anstrengungen sind auch Pausen wichtig. Diese wurde gemeinsam abgesprochen. Danach ging es gutgelaunt weiter.
Vorstellungen von Model einbeziehen
Anweisungen von einem Model zu erhalten ist eher selten. Aber: Einmal ist das bei mir schon vorgekommen. Model Tatjana hat Ahnung vom Thema, ist kreativ und besitzt einen wachen Blick. Wir waren rund um das Lübecker Hansemuseum unterwegs und nutzten die Hintergründe der Mauern als sie die lange Treppe hoch zur Hubbrücke über die Trave sah. Voller Freude meinte sie „Das muss ich machen. Komm mit!“ Einen Augenblick später saß sie auf eine der mittleren Stufen und schmiss sich in Pose. Dabei sind einige der besten Bilder des Tages entstanden. Ich für meinen Teil hatte nur die Metallkonstruktion für ein eher geometrisches Motiv im Blick. So kann es passieren und an dieser Stelle möchte ich mich bei Tatjana für ihre Wachsamkeit und ihren großen Einfallsreichtum bedanken.
Am Ende ausgiebig loben
So, nun ist Dein Shooting vorbei. Du brauchst keine Anweisungen mehr zu geben? Weit gefehlt. Jetzt, am Ende der Session, kommt Deine wichtigste Anweisung. Und die heißt „Loben“. Bitte bedanke ich bei Deinem Model, bestärke und lobe es für den guten Job, den es gemacht hat. Wenn möglich, vereinbare doch gleich noch einen weiteren Termin vielleicht zu einem anderen Thema.
Als Schlusswort fällt mir hier nur folgendes ein: Bitte wechsle die Perspektive, versetze Dich in die Rolle des Models und überlege, was Du dann für Anweisungen benötigen würdest. Dann klappt es mit der Kommunikation sicherlich perfekt und bestens verständlich.
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