Boulevard du Temple by Daguerre. Pariser Straßenansicht mit Menschen. Quelle: Wikipedia |
Außerordentlicher Dienst
für die Kunst
Einst versuchte Louis Daguerre vergeblich seine Erfindung der Daguerreotypie zu verkaufen oder mittels eine Aktiengesellschaft zu vermarkten. Der Physiker und Politiker Dominique Francois Arago sprang Daguerre zur Seite mit seiner Idee, die Erfindung an den Staat zu verkaufen und dafür Entschädigungszahlungen zu erhalten. Am 3. Juli 1839 hielt Arago vor der Deputiertenkammer
eine flammende Rede für das Vorhaben pro Daguerreotypie.
Aus Arago sprach der Wissenschaftler
Experimente, Projekte und die Wissenschaft könnten durch das neue Verfahren ihren Nutzen ziehen, war Arago sich sicher. Er plädierte wie folgt. "Nachdem Sie mehrere Bilder gesehen haben, wird wohl jeder daran denken, welch ungeheuren Nutzen die ägyptische Expedition aus einem so genauen und so schnellen Reproduktionsmittel hätten ziehen können (...) Um die Millionen und Aber-Millionen Hieroglyphen zu kopieren (...) bedarf es Dutzende von Jahren und einer Legion von Zeichnern. Mit dem Daguerrotyp könnte ein Mann diese Aufgabe bewältigen."
Maler Paul Delaroche zertreute Bedenken
Dass das neuartige Verfahren der Kunst schaden könnte, verneinte der Maler Paul Delaroche. "Kurz gesagt, mit der bewunderungswürdigen Erfindung hat Herr Daguerre den Künsten einen außerordentlichen Dienst geleistet", so Delaroche. Regelreicht begeistert habe ihn die unnachahmliche Feinheit des Bildes sowie die Präzision der Formen und die Genauigkeit der Linien. Maler könnten durch das Verfahren Sammlungen von Studien anlegen, die anderenfalls erheblichen Aufwands bedurft hätten.
Mehrheit in Abstimmung für Erwerb
Mit nur drei Gegenstimmen wurde dem Antrag auf staatlichen Erwerb durch 273 Ja-Stimmen stattgegeben. Louis Daguerre wurde eine Pension von 6.000 Francs zugesprochen. Daguerre und Niépce erhielten den Orden der Ehrenlegion. Die Nachricht dieser Entscheidungen verbreitete
sich quer durch Europa.
Leider nur Schwarz-Weiß
In Deutschland zeigten sich die Kritiker baff enttäuscht. Ludwig Schorn, Herausgeber des "Morgenblattes für gebildete Stände" und sein Kunstkritiker Eduard Koloff beklagten in ihrem Aufsatz "Der Daguerreotyp", dass die Daguerrotypie keine farbliche Darstellung hergebe. Ferner wurde die schwere und unhandliche Technik kritisch beäugt: "(...) aber man hatte gehofft, es würde sich jeder mit Leichtigkeit des Apparats bedienen können, um aus dem Fenster seiner Wohnung, oder auf Reisen, selbst aus dem Wagen, die äußeren Gegenstände aufzunehmen. Statt dessen ward eine künstliche,
feine und schwierige Prozedur gefordert, die nur ein geübter Chemiker mit einigem Gelingen vorzunehmen vermag."
Daguerreotyp schreibe leblose Natur ab
Der Malerei schade das neue Verfahren sicherlich nicht, so Schorn. Der Daguerreotyp schreibe aber nur leblose Natur ab. Darstellungen von Bewegungen seien nicht möglich. "(...) ja selbst das Bildnis eines ganz ruhig dasitzenden Menschen scheint ihm nicht gelingen zu wollen, weil die unmerklichste Bewegung der Augen der Abbildung dieser Teile Bestimmtheit und Glanz nimmt (... und) schon die leise Bewegung des Atems eine Änderung der Konturen hervorbringt", so Schorn.
Ludwig Schorn war gedanklich seiner Zeit voraus. Es sollte noch einige Dutzend Jahre dauern, bis die Belichtungszeiten seinen Anforderungen gerecht wurden.
(Zitate und Text beziehen sich auf das Buch Wolfgang Kemp/Hubertus v. Amelunxen, Theorie der Fotografie I-IV 1839-1995, Verlag Schirmer/Mosel, München 2006)
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